Mario Testinos Undressed enthüllt mehrere Schichten. Zeitgleich mit einer eigens für die Helmut-Newton-Stiftung in Berlin konzipierten Ausstellung beschäftigt sich dieses sehr intime Werk mit dem Ausziehen in der Fotografie, erlaubt damit aber zugleich auch neue Einblicke in Testinos Archiv, indem sie über das bekannte Image des Fotografen in der Öffentlichkeit hinaus ein profunderes Verständnis für sein Arbeiten und sein Werk ermöglicht.
Die 50 gezeigten Fotografien widmen sich ganz dem nackten Körper, spüren Traditionen und Moden nach und loten die Grenzen aus zwischen den Geschlechteridentitäten. Die Bilder werden so, beeinflusst von Helmut Newton, zu abstrahierten Körperlandschaften, in denen die Protagonisten als bloße Form, als Torso, manchmal gar als Statue erscheinen.
Ein besonderes Glanzlicht sind nie zuvor gesehene Aufnahmen aus Testinos Atelier, in denen sich eine ausgelassene Stimmung mit jener der Nacktheit innewohnenden Erregung und einer verspielt-amourösen Dynamik vermischt, die aber nie ins Obszöne abgleitet.
Testinos Besetzung reicht von Supermodels wie Kate Moss und Amber Valletta bis zu namenlosen androgynen Männern, von Einzelporträts bis zu Gruppenaufnahmen. Oft werden wir Zeuge intimer Augenblicke, einige von ihnen Schnappschüsse, andere sorgfältig inszeniert, wie jene von einem jungen Mann, der in einem luxuriösen Badezimmer einer Frau das Schamhaar rasiert. In der Tradition von SIR – und analog zu Newtons charakteristischem Einfangen von weiblicher Schönheit – tragen viele der Bilder bei zu einer Neudefinition von Männlichkeit.
Mit der Verschmelzung von Gefühlen, Ästhetik und Körpern gewährt Testino neue Einblicke in sein Werk, das Weltgeltung genießt. Die Bilder werden begleitet von einer Einleitung des Kurators Matthias Harder, einem offenherzigen Gespräch mit Carine Roitfeld sowie einem Essay des Psychiaters und Psychologen Manfred Spitzer, der unsere visuelle Wahrnehmung von Körpern und Schönheit aus Sicht des Neurowissenschaftlers erläutert.