Die Bewegung Black Lives Matter hat die Lebenswelten schwarzer Menschen auch in Europa in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Doch was die Geschichte anbelangt, bleibt die schwarze Präsenz auf dem Kontinent weiterhin ausgespart. Mit ihrer fulminanten historischen Gesamtdarstellung, die von Schweden über Deutschland bis nach Griechenland führt, füllt Olivette Otele endlich diesen allzu weißen Fleck in der Geschichtsschreibung Europas. Otele erzählt von Personenschicksalen und Schauplätzen der Begegnung, vom engen Austausch zwischen Afrika und Europa, der mit den römischen Expansionsbewegungen begann und im historischen Verlauf heute oftmals vergessene schwarze Heilige, Herrscher und Intellektuelle hervorbrachte. Auf diese Weise macht sie die Konjunkturen der mitnichten immer gleichbleibenden Unterdrückung schwarzer Menschen fassbar: den Terror der Sklaverei, schwarze Körperlichkeit und ihre Exotisierung, ebenso aber auch die schwarzen Widerstandsbewegungen und Bruderschaften, die für die Freiheit kämpften und die Vorgeschichte der Proteste unserer Tage darstellen. Mit politischer Verve, aber mit Blick für die Ambivalenzen zeichnet Otele das revolutionäre Bild eines immer schon afrikanischen Europas, das nötig ist, um die Auseinandersetzungen der Gegenwart und der Zukunft zu verstehen.