Hat die Seele ein Geschlecht? Die Frage zieht sich wie ein roter Faden
durch Nadia Brönimanns Biographie. Für die junge Frau, die 29 Jahre lang
als Christian Brönimann im Körper eines Mannes lebte, liegt die Antwort
auf der hand: Ihre weibliche Seele hat sich in die falsche Hülle verirrt.
Christian wußte nicht, woher er kam, noch weniger ahnte er, wohin seine
Lebensreise ihn führen würde, als er im Appenzellerland bei einer Pflegefamilie
aufwuchs. Seine Wurzeln liegen im Dunkeln; die leiblichen Eltern - so wurde
gemunkelt - hätten ihn zur Adoption freigegeben. Schon als Kind merkte
er, daß er anders war als die anderen - ein Fremder im eigenen Körper.
Heimatlos und verstossen, mißhandelt und unverstanden brach er zu einer
langen Odyssee auf und lief, auf der verzweifelten Suche nach der eigenen
Identität, immer wieder vor sich davon. Christian war Strichjunge an der
C?te d'Azur, Revue-Tänzer im Berliner Nachtleben, Drag-Queen in der Baseler
Schwulenszene. Auf Mittelmeer-Luxusjachten ließ er sich als Steward anheuern,
in Österreich diente er als Butler bei einer der reichsten Frauen der Welt.
Er stieg steil auf und stürzte tief ab, erlitt Demütigungen und sexuelle
Gewalt, lebte mal in Saus und Braus und bald wieder von der Sozialfürsorge.
Und jedes Mal, wenn er zur Besinnung kam, mußte er erkennen, daß er tiefer
gesunken war. Bis er sich, gezeichnet von Drogen und Krankheit, der Lüge
seines Lebens stellte. Am 9. Juli 1998 - nach monatelangen Gesprächstherapien
und Hormonbehandlungen - der entscheidende Schritt: die operative Geschlechtsumwandlung
im Universitätsspital Zürich. Christian Brönimanns Leben fand dort sein
Ende, und mit der äußeren Geschlechtsanpassung war Nadia Brönimann geboren.
Doch damit ist der Leidensweg noch nicht zu Ende. "Ich bin jetzt eine Frau",
sagt Nadia Brönimann. "Und eigentlich sollte ich glücklich sein ... Doch
manchmal kommt mr der neue Körper wie eine Fassade vor. Trotz den insgesamt
neun Operationen ist an sexuellen Genuß noch nicht zu denken. Auch das
neue Geschlecht fängt im Kopf an und nicht zwischen den Beinen."
Verlag: Zytglogge Seiten: 389 S. Erscheinungsjahr: 2001
Ausführung: Kartonierter Einband (Kt)